An diesem Sonntag werden noch die aktuellen Konfirmationen gefeiert, dann geht es los: Gleich nach dem Maifeiertag wird die Kirche leergeräumt und für die anstehenden Sanierungsarbeiten vorbereitet.
„Wir haben uns in der Tat viel vorgenommen“, verrät Pfarrer Michael Keil. Eine runde halbe Million Euro soll insgesamt verbaut werden – wenn das denn reicht. Das Herzstück ist die Heizungsanlage – mit der der Gemeinde ein echter Clou gelungen ist. Denn: Es gibt kein isoliertes Projekt, sondern eine vernetzte Lösung durch ein nachhaltige Hackschnitzel-Modul, das mehrere Gebäude rund um die Kirche mit Wärme versorgen wird. „Die Familie von Schönberg hat bereits große Erfahrung mit solchen Anlagen und wird auch diese finanzieren und betreiben“, so der Pfarrer weiter. So betreibt die Familie eine Hackschnitzelanlage auf ihrem eigenen Hofgeländer sowie auf der Pivitswiese im Bereich des „Aldi“.
Einspruch durch das Denkmalamt
Nachgedacht hatte die Gemeinde auch über die Installation von Photovoltaik auf den großen Kirchendächern oder den Einsatz von Wärmepumpen. Bei Photovoltaik-Modulen auf dem Dach wollte aber der Denkmalschutz nicht mitmachen: Dazu seit die der Sonne zugewandte „Schokoladenseite“ der Kirche einfach zu stadtbildprägend.
Mit im „Hackschnitzel-Boot“ sitzt außerdem die Stadt Barntrup: Angeschlossen werden via Nahwärme beispielsweise auch das alte Rathaus sowie das Rathaus 2, an dessen Rückseite das Heizmodul entstehen wird. Keil: „Ausgelegt wird die Anlage so, dass optional bis zu 50 Häuser angeschlossen werden können. Gerade mit Blick auf die Klimaziele und die zu erwartenden neuen Klimaschutzgesetze bekommen so auch viele Nachbarn die Perspektive, klimagerecht, nachhaltig und zukunftssicher zu heizen.“ Beim Verlegen der notwendigen Leitungen werden deshalb auch schon gleich alle Abzweigungen gelegt, so dass Hausbesitzer sich auch später noch ohne große Erdarbeiten anschließen lassen können. Die Kirchengemeinde ist von Anfang an außer mit der Kirche mit dem Pfarrhaus und dem Gemeindehaus Obere Straße dabei.
Kleiner Wermutstropfen: Weil die Heizung frühestens 2024 in betrieb gehen kann, muss in der Kirche zunächst eine Übergangsheizung montiert werden. Die Aussicht auf künftiges klimagerechtes Heizen mit nachwachsenden Rohstoffen wiegt das nach Ansicht des Barntruper Pfarrers mehr als auf.
Installation unter den Fliesen
Nach dem Ausräumen der Kirche werden zunächst die alten Fliesen entfernt und der Boden aufgerissen. Bevor neue Fliesen verlegt werden, wird eine Fußbodenheizung verlegt. Auch die Elektroinstallation sowie die Verkabelung für Ton-, Licht- und Videoanlagen werden im Boden verschwinden. Keil: „Wir werden die Gelegenheit nutzen, alles im Boden zu verstauen, was man später vielleicht für Konzerte, Videogottesdienste und andere Veranstaltungen benötigt – Netzwerktechnik und Anschlüsse mit Internet für Streaming-Projekte inklusive.“ Eine Vorstellung, bei der der Pfarrer beinahe ins Schwärmen gerät: „Es gab ja früher sogar Kooperationen mit dem Landestheater. Wenn die neue Technik installiert ist, ergeben sich möglicherweise auch hier neue Ansätze.“ Nicht zuletzt werde sich der Pop- und Gospelchor „B-Joy!“ über die technischen Finessen freuen – bisher musste beispielsweise für die weithin bekannten „Barntruper Gospel-Nights“ aufwendige eigene Technik aufgebaut werden.
Apropos Gospel-Nights: Zwar sollen die Sanierungsarbeiten Ende Oktober abgeschlossen sein, doch weil es da viele Unwägbarkeiten gibt, wurde für die beiden Gospel-Night-Abende am 17. Und 18. November sicherheitshalber das Bürgerzentrum gebucht. In jedem Fall aber soll die Kirche zum ersten Advent wiedereröffnet werden.
Für das „Futter“ des zentralen Heizungsbrenners sorgt natürlich der Betreiber. Allerdings wird nach Aussage von Pfarrer Michael Keil noch geprüft, ob auf einem zur Gemeinde gehörenden Acker geeignete Gewächse angebaut werden können. Geeignet ist dazu beispielsweise so genanntes Miscanthusgras – eine Art Chinaschilf, das schnell bis zu zwei Meter hoch wächst und je nach Sorte kräftige, holzige Triebe entwickelt, die einmal pro Jahr abgeerntet werden können. Keil: „Wenn das klappt, könnten wir sogar unseren eigenen Brennstoff nachhaltig anbauen.“ Allerdings ist dieses „Gras“ zurzeit nicht für die Verwendung in Heizanlagen wie dieser zugelassen. Andere nachwachsene „Brennstoffe“ werden deshalb geprüft.
Für die Finanzierung der Kirchensanierung hofft die Gemeinde noch auf Denkmalmittel, doch klar ist: Den Löwenanteil wird sie selber stemmen müssen. Um den Haushalt wenigstens etwas zu entlasten, sind mehrere Sponsoring-Aktionen geplant. So sollen beispielsweise die rund 600 neuen Fliesen „verkauft“ werden: Für 50 Euro können Mitglieder und Freunde der Kirchengemeinde „ihre“ Fliese kaufen; eine Übersichtstafel zeigt dann später, welche Fliese wem „gehört“.
(Abdruck mit freundlicher Genehmigung der UK-Redaktion)